Rosa-Luxemburg-Initiative Veranstaltungen
 
 
 
 
 

Papierlos in Europa
Kampf um Papiere, Legalisierung, Gesundheit

Veranstaltungsreihe zu Migration, illegalem Aufenthalt und Gesundheitsversorgung im europäischem Kontext




 
 
 
 

 



Menschen ohne Papiere, sans-papiers, undocumented, sin papeles: in Deutschland gibt es zwischen einer halben und anderthalb Millionen, in anderen europäischen Ländern noch mehr. Während es in Deutschland bislang höchstens kleinere und auf spezielle Gruppen beschränkte Proteste gab, waren und sind die sans-papiers etwa in Frankreich, Spanien und der Schweiz vergleichsweise gut organisiert und tragen ihren Protest mit Besetzungen, Demonstrationen und Hungerstreiks auf die Straße.

Während die Proteste der sans-papiers in Frankreich weit über Frankreichs Grenzen hinaus wahrgenommen wurden, sind die in der Schweiz weniger bekannt. Die Mobilisierungsbedingungen lassen sich aber vielmehr mit denen in Deutschland vergleichen, zumindest was die deutschsprachige Schweiz angeht. Denn: In Frankreich gibt es für Flüchtlinge und MigrantInnen aus frankophonen Ländern keine Sprachbarriere. Das sieht in Deutschland ganz anders aus. Um die Stimme zu erheben, ist die gemeinsame Sprache von großem Vorteil.

„Papiere für alle“ - diese politische Forderung erscheint in Anbetracht der Situation von Papierlosen als folgerichtig. Die realpolitische Umsetzung einer solchen Forderung ist eine Legalisierung von „Illegalen“. Abgesehen von Härtefällen hat es in Deutschland bisher nie eine größere Legalisierung gegeben, in anderen europäischen Ländern und auch in den USA jedoch bereits mehrfach. Hintergründe, Durchführungsmodalitäten und Konsequenzen solcher Initiativen verdeutlichen den Sinn und Unsinn einer realpolitischen Forderung nach Legalisierung.

Auch wenn nicht legalisiert wird, gibt es Probleme im Alltag von Papierlosen, für die – schon allein aus menschenrechtlich-humanistischen Erwägungen heraus – Lösungen gefunden werden müssen. Das sind insbesondere Beschulung, Schutz vor Lohnprellung und Gesundheitsversorgung. In Deutschland gibt es hier – neben der ehrenamtlichen Arbeit einzelner Initiativen – weder eine rechtliche noch eine finanzielle Absicherung dieser menschenrechtlichen Minimalstandards. Auch hier hilft der Blick in andere europäische Länder, um Modelle zu finden, wie Papierlose auch von staatlichen oder größeren nichtstaatlichen Institutionen unterstützt werden können, ohne dass ihr illegaler Aufenthalt bekannt wird und ihnen dadurch die Abschiebung droht.

In Zusammenarbeit mit:
MediNetz Bremen - Medizinische Vermittlungs- und Beratungsstelle für Flüchtlinge, MigrantInnen und Papierlose; Ärztekammer Bremen und Gesundheitsamt Bremen


Übersicht zur Reihe:


Die Papierlosenbewegung in der Schweiz
Mobilisierungsbedingungen, Entwicklungen und Perspektiven der Kämpfe von sans-papiers und deren UnterstützerInnen in der Schweiz

Vortrag und Diskussion mit Ladina Schleich

In der Schweiz gibt es seit einigen Jahren Papierlosenkollektive, die durch Kirchenbesetzungen, Proteste und Lobbyarbeit auf sich aufmerksam machen. Die Behörden in der deutschsprachigen Schweiz bleiben gegenüber der Forderung nach einem Aufenthaltsrecht stur. Durch die Dominanz des deutschsprachigen Teils in der Gesamtschweiz hat sich diese Linie auch gegenüber den frankophonen Kantonen durchgesetzt. Im Gegensatz zu Deutschland gibt es aber die Situation, dass Papierlose offensiv mit ihrer Situation umgehen und sich - unterstützt durch SchweizerInnen - selbst organisieren. Was sind die Mobilisierungsbedingungen der Papierlosenbewegung in der Schweiz? Was läßt sich auf den deutschen Kontext übertragen?

Ladina Schleich, centre des contacts suisse-immigrés, SOS Racisme, mouvement des sans-papiers, CH-Fribourg.

Dienstag, 26.11.2002
19:30 Uhr
Kommunikationszentrum Paradox, Bernhardstr. 12, Bremen
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Legalisierungen in Europa
Hintergrund und Auswirkungen von Legalisierungen von Papierlosen im europäischen Vergleich

Vortrag und Diskussion mit Albrecht Kieser

In Deutschland gibt es, je nach Schätzung, zwischen 0,5 und 1,5 Million Papierlose, durch das neue Schily-Gesetz wird die Schraube noch weiter angezogen, ganze Gruppen werden in die Illegalität gedrängt. Eine Legalisierung von Papierlosen hat es - von Härtefällen abgesehen - in Deutschland bislang nie gegeben und ist auch nicht vorgesehen. Wohl aber in anderen Ländern, so in mehreren südeuropäischen Ländern, Frankreich, Belgien und bereits mehrmals in den USA. In dieser Veranstaltung sollen die Beweggründe für Legalisierungen beleuchtet werden. Zum großen Teil sind es wirtschaftspolitische oder bevölkerungsökonomische Kalküle, die den staatlichen Legalisierungen zugrundeliegen, zum anderen Teil Anpassungsmaßnahmen im Rahmen der Europäisierung des Migrationsregimes. Humanistische Motive bilden die Ausnahme. Wie werden Legalisierungen durchgeführt, wer profitiert davon und wer fällt durch? Die Fallstricke dieser Bemühungen, Papierlose zu einem Aufenthaltsstatus zu verhelfen, sollen erörtert werden, um Kriterien für eine Legalisierungsoffensive zu erarbeiten.

Albrecht Kieser, Rheinisches JournalistInnenbüro, Köln.

Dienstag, 03.12.2002
19:30 Uhr
Kommunikationszentrum Paradox, Bernhardstr. 12, Bremen
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Gesundheitsversorgung von Papierlosen – europäische Modelle im Vergleich
Das niederländische Fondsystem und Schweizer Polykliniken: Alternativen zur Finanzierung medizinischer Versorgung

Vortrag und Diskussion mit Wil Voogt und Hans Wolff

Ohne staatliches Gesundheitsversorgungssystem stehen papierlose Menschen in Deutschland vor einem ernsthaften Problem. Oft zieht die Inanspruchnahme von medizinischen Leistungen das Risiko nach sich, das klandestine Leben aufgeben zu müssen und abgeschoben zu werden. In Deutschland rufen Ärztekammern dazu auf, papierlose Menschen kostenlos zu behandeln. Die medizinischen Flüchtlingshilfen haben sich dieses Dilemmas angenommen, Papierlosen eine gesundheitliche Versorgung zu ermöglichen. Dieses Engagement kann aber keine Lösung sein. Daher müssen Möglichkeiten gefunden werden, wie eine reguläre Gesundheitsversorgung für Papierlose gewährleistet werden kann, ohne ihr Leben in der Illegalität zu bedrohen.

Hans Wolff wird über seine Arbeit in der Genfer Polyklinik berichten, die eine spezielle Einheit zur Behandlung von Menschen in prekären Lebenssituationen (Papierlose, Obdachlose, ...) gegründet hat. Wil Voogt wird das niederländische Fondssystem zur Finanzierung der gesundheitlichen Versorgung Papierloser vorstellen.

Wil Voogt arbeitet als Soziologin im Chief Inspectorate for Health Care in Den Haag; Dr. Hans Wolff ist als Arzt tätig in der Unité mobile de soins communautaires, Hôpitaux Universitaires de Genève.

Dienstag, 10.12.2002
19:30 Uhr
Gesundheitsamt Bremen, Horner Str. 60/70,
Sitzungsraum Pavillon (Neubau), EG
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| updated 2002-11-27 | Rubrik: programm.luxemburg-initiative.de |