Rosa-Luxemburg-Initiative Veranstaltungen
 
 
 
 
 

What`s next?
Perspektiven antirassistischer Strategien

Veranstaltungsreihe




 
 
 
 

 



Antirassistische Politik hat in Bremen insbesondere durch die "libasoli-Kampagne" und die "Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen" aktuellen Auftrieb erhalten. Die Situation erscheint deshalb günstig, intensiver an lokalen und überregionalen Vernetzungsprojekten zu arbeiten. Die Veranstaltungsreihe soll 1. einen Überblick bieten über derzeit kursierende Kampagnen-Vorschläge, 2. Diskussionslinien aktueller Debatten transparent machen und 3. Impulse liefern für antirassistisches Engagement in Bremen. Es geht es auch um eine aktive Auseinandersetzung unter Bremer Gruppen bzw. Einzelpersonen. Wir erhoffen uns davon einen lokalen Mobilisierungsschub, vor allem eine stärkere Bezugnahme hiesiger Initiativen auf überregionale Impulse und Initiativen.

In Zusammenarbeit mit:
2-pack/bremen


Materialien

Thesen zur Veranstaltungsreihe
Thesenpapier der Vorbereitungsgruppe 2-pack/bremen
(PDF-Datei zum Download, ca. 28KB)

Protokolle der Veranstaltungen
(Wird laufend ergänzt)


Übersicht zur Reihe:


Bremer Gruppen schließen sich kurz:
Austausch über antirassistische Strategien, Konzepte, Selbstverständnisse

Auftakt ohne Gäste

Thema des ersten Abends ist eine Bestandsaufnahme in Sachen Antirassismus: Wozu arbeiten die einzelnen Gruppen und wie verorten sie sich innerhalb der einzelnen, antirassistischen Praxis-Felder: antirassistische/antifaschistische Politik auf der ‘Strasse’, politische Sozialarbeit und antirassistische Theoriearbeit? Welche Bündnisse sind in der Vergangenheit schief gelaufen, welche werden angestrebt, welche werden zwar befürwortet, nicht aber in die Tat umgesetzt? Was waren Diskussionsprozesse und wie sehen die Zukunftsperspektiven aus? Und daraus folgend auch: Welche Fragen sind bezüglich der einzelnen Veranstaltungsschwerpunkte aufgekommen?

Zur Vorbereitung für alles Weitere ist ab diesem Abend ein Reader mit Basis-Texten zu den Themen der einzelnen Veranstaltungen erhältlich. Ausserdem werden Protokolle der jeweiligen Veranstaltungen über einen eMail-Verteiler verschickt bzw. an einschlägigen Orten ausliegen.

Montag, 18.11.2002
19:30 Uhr
Kommunikationszentrum Paradox, Bernhardstr. 12, Bremen
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Zwei neue Kampagnen:
Gegen das globale Migrationsregime - für Bewegungsfreiheit: Anti-IOM-Kampagne des no-border-netzwerks
Und: Kampagne gegen Abschiebungen, Abschiebeknäste und Abschiebelager

Mit: AG3F/Hanau und Glasmoor-Gruppe Hamburg

Tatsache ist: aus den unterschiedlichsten Gründen entschliessen sich überall auf der Welt Menschen, ihren Wohnort zu verlassen, ob vorübergehend oder auf Dauer. Nationale und transnationale Migrationspolitik reagiert darauf, sie will die aus ihrer Sicht zügellosen Bewegungen vieler Millionen MigrantInnen und Flüchtlinge unter Kontrolle bringen, d.h. regulieren, eindämmen oder verhindern. In der Veranstaltung sollen zwei Kampagnen vorgestellt werden, welche sich gegen jeweils unterschiedliche (wenn auch eng verzahnte) Instrumente des derzeit herrschenden Migrationsregimes richten:

1. Der Name täuscht: Die International Organisation of Migration (IOM) ist alles andere als eine humanitär ausgerichtete Institution. Einziges Ziel ist es, die Interessen ihrer von Flucht- und Migrationsbewegungen betroffenen Mitgliedsländer wahrzunehmen, insbesondere ihrer reichen. Oder anders: Die IOM ist ein zentraler Akteur innerhalb des globalen Migrationsregimes. So wie IWF, WTO, etc. in den vergangenen 30 Jahren die weitgehende Liberalisierung des globalen Kapital- und Warenverkehrs durchgesetzt haben, so sollen heute IOM und ähnliche Institutionen die globale Bewegung von Menschen regulieren. Anders jedoch als bei Kapital und Waren erfolgt dies mit kontrolltechnischem Auftrag: Nur die Menschen werden durchgelassen, die wertvoll bzw. nützlich für die Arbeitsmärkte der reichen Länder sind (und somit deren Bevölkerungskörper), die Unerwünschten sollen demgegenüber noch in ihren Heimatregionen abgefangen werden. Die IOM unterhält hierfür weltweit Büros zur Ausspähung von Migrationsbewegungen, Fluchtrouten, etc., sie unterstützt zahlreiche Länder bei der Sicherung ihrer Grenzeregime, schliesslich ist die IOM bei der sog. freiwilligen Rückführung von MigrantInnen und Flüchtlingen beteiligt. Allein im Jahr 2000 hat sie 460000 Rückführungen gemanaged, davon 76000 aus Deutschland.

2. Abschiebungen sind das repressivste Instrument innerhalb des herrschenden Migrationsregimes. Mit ihrer Hilfe werden unerwünschte Flüchtlinge, aussortierte ArbeitsmitgrantInnen oder bislang geduldete Bürgerkriegsflüchtlinge möglichst effektiv aus dem Land geschafft. In der Abschiebehaft werden Menschen auf ihre nackte Existenz reduziert - aller BürgerInnenrechte beraubt. Ihr einziges Vergehen ist es, da zu sein, dafür werden sie eingesperrt, oft monatelang! Mit der forcierten Einrichtung sogenannter‘ Ausreisezentren’ (in welchen Flüchtlinge zur sog. freiwilligen Ausreise gezwungen werden sollen - unter Mithilfe z.B. der IOM) ist sowohl quantitativ als auch qualitativ eine neue Dimension erreicht. Manche sehen bereits ein globales ‘Jahrhundert der Lager’ aufziehen, nicht nur in Deutschland.

Da es sich um konkrete, bereits angelaufene Kampagnen handelt, soll es in der Veranstaltung nicht zuletzt um kampagnenstrategische Fragen gehen. Zum Beispiel: Wo liegen Chancen und Risiken internationaler Kampagnen, gerade wenn's darum geht, bürokratisch-anonyme Moloche wie die IOM anzugreifen (no-border-Kampagne)? Welche Kooperations- und Bündnischancen - vor allem mit den Betroffenen selbst - eröffnet Anti-Abschiebe-Politik? In welchem Verhältnis steht der Kampf gegen Abschiebungen, Abschiebeknäste und Abschiebelager zu anderen, ebenfalls antirassistischen Kämpfen?

Mittwoch, 04.12.2002
19:30 Uhr
Kommunikationszentrum Paradox, Bernhardstr. 12, Bremen
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Autonomie der Migration - Arbeit - Soziale Kämpfe

Mit: temporäre assoziation ‘jeder mensch ist ein experte’ und Flüchtlingsrat Thüringen

Trotz aufgerüsteter EU-Außengrenzen und repressiver Politik gegen die, die bereits da sind: Menschen nehmen sich massenhaft das Recht, nach Westeuropa zu kommen – auf der Suche nach besseren bzw. anderen Lebensbedingungen. Sie überwinden hierfür so allerlei Hürden, nicht selten unter Rückgriff auf informelle Migrationsnetzwerke und professionelle SchleuserInnen. Anders ausgedrückt: es gibt eine (relative) ‘Autonomie der Migration'. Sie ist Ausdruck der Eigenwilligkeit und der Macht globaler Migrationsbewegungen. Ihr stehen die gleichfalls global ausgerichteten Grenz- und Migrationsregime gegenüber. Die Kämpfe zwischen beiden 'Kräften' manifestieren sich an unterschiedlichsten Orten, nicht zuletzt im Feld der Erwerbsarbeit, welches von antirassistischer Politik oft ignoriert wird. Ob es sich um Bauarbeiter aus Polen, Sexarbeiterinnen aus Ost-Europa, Lateinamerika und Asien, Textil-, Haus- oder FeldarbeiterInnen handelt, ob in irregulären oder regulären Beschäftigungsverhältnissen: ganze Branchen wären ohne ArbeitsmigrantInnen überhaupt nicht existenz- sowie wettbewerbsfähig. Oder anders: Angebot und Nachfrage greifen an diesem Punkt tendenziell ineinander. Das aber ist kein Grund zum Feiern, sind doch Entlohnung und Arbeitsbedingungen häufig katastrophal, vor allem in irregulären Beschäftigungsverhältnissen sowie frauenspezifischen Branchen. Abseits davon darf auch nicht aus dem Blick geraten, dass ein eigenständiges Einkommen weiterhin eine der zentralen Voraussetzungen für Nicht-EU-BürgerInnen ist, überhaupt eine offizielle Aufenthaltserlaubnis zu erlangen.

Die beiden Gäste-Gruppen haben zwar keine Kampagnenvorschläge im Gepäck, beackern jedoch das Feld schon seit Jahren, und das insbesondere unter der Fragestellung, wie soziale und antirassistische Kämpfe kurzgeschlossen werden könnten (womit auch die sozialen Kämpfe der Nicht-MigrantInnen und Nicht-Flüchtlinge gemeint sind). Dabei stellt sich vor allem die Frage möglicher Bündnisse. Wieviel haben linke JoberInnen mit migrantischen Bauarbeitern, HausarbeiterInnen, etc. gemeinsam? Welche Brücken lassen sich zu weiteren Organisationen schlagen, z.B. linken GewerkschafterInnen? Welche Chancen und Fallstricke birgt dies, und welche Kriterien für eine Kampagne lassen sich anlegen, um in solchen Bündnissen dennoch linke Politik zu machen?

Montag, 16.12.2002
19:30 Uhr
Kommunikationszentrum Paradox, Bernhardstr. 12, Bremen
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Zwei Kampagnenvorschläge:
Papiere für alle! vs. Legalisierungs-Offensive
Schnittstellen, Gemeinsamkeiten, Differenzen

Mit: Antirassismusbüro Bremen und Kanak Attak

In der BRD leben bis zu 1,7 Millionen Menschen ohne gültige Aufenthaltspapiere. Viele davon sind legal, z.B. mit TouristInnen- oder Au-pair-Visum eingereist und anschliessend geblieben - Stichwort: Autonomie der Migration! Darüberhinaus sind aktuell ca. 250.000 Menschen durch die Abschaffung des Duldungstitels im neuen Zuwanderungsgesetz von Illegalisierung bedroht. Ein Leben in der Illegalität funktioniert nur unter Rückgriff auf entsprechende Unterstützungsnetzwerke - bei der Suche nach Unterkunft, Arbeit oder Gesundheitsversorgung. So gut wie jede MigrantInnenfamilie hat deshalb irgendwann einmal Erfahrungen mit Illegalität gemacht - die Grundlage, aus der informelle Migrationsnetzwerke erwachsen.

In der Veranstaltung sollen zwei Kampagnenvorschläge diskutiert werden, welche zwar beide das Phänomen massenhafter Illegalisiertheit zum Ausgangspunkt haben, im Detail jedoch unterschiedliche Schwerpunktsetzungen vornehmen:

1. Der vom Anitrassismusbüro Bremen unterbreitete "Papiere für alle!"-Vorschlag bezieht sich auf alle hier lebenden Flüchtlinge und MigrantInnen und umfasst sowohl die Forderung nach einem umfassenden Bleibe- und Niederlassungsrecht als auch nach Arbeitserlaubnis, Bezug regulärer Sozialhilfe und Bewegungsfreiheit. Dies soll in Zusammenarbeit mit Flüchtlings- und MigrantInnenorganisationen erfolgen. Ziel ist also die 'Entfaltung sozialer Subjektivität von unten in den Metropolen'. Eingebettet ist der Vorschlag in eine grundsätzliche Analyse des 'Neuen Imperialismus'.

2. Die von Kanak Attak schon seit längerem propagierte Legalisierungs-Offensive zielt darauf ab, die ihres Erachtens defensive und obendrein lähmende ‘antirassistische Arbeitsteilung’ (Antira-Kampagnenaktivismus/ Flüchtlingsunterstützungsarbeit/ Antifa) zugunsten eines ‘universellen und offensiven Antirassismus’ aufzuknacken. Ausgangspunkt ist das in der Autonomie der Migration auf den Punkt gebrachte 'subjektive Reproduktionsinteresse' der MigrantInnen. Dieses soll in einer Politik der 'politischen und sozialen Rechte unabhängig von jeder Staatsbürgerschaft' aufgehen. Insofern markiert die Legalisierungsforderung von Kanak Attak eine prinzipielle politische Haltung. Sie ist keine pragmatische Gesetzesinitiative, vielmehr 'offene Konzeption', in welcher sich ein politisch-offensives Subjekt herausbilden kann - jenseits antirassistischer Arbeitsteilung!

Welche Chancen haben zur gegenwärtigen Situation offensive Forderungen und wie können aller Differenzen zum Trotz politische Koalitionen geschmiedet werden, die die jeweiligen produktiven Impulse aufnehmen? Das ist hier die Frage.

Montag, 13.01.2003
19:30 Uhr
Kommunikationszentrum Paradox, Bernhardstr. 12, Bremen
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Zwei Slogans:
`Wir sind hier, weil ihr unsere Länder zerstört`/`Wir sind hier, weil wir Geld verdienen wollen`
Migration hat viele Gesichter!

Mit: Karawane Bremen und agisra Köln

'Wir sind hier, weil ihr unsere Länder zerstört' - so lautete der Slogan der diesjährigen 'Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und MigrantInnen'. Er zielt ab nicht nur auf koloniale Spätfolgen (wozu ja z.B. eine Vielzahl der Kriege im heutigen Afrika zählen), sondern auch auf die derzeitige, aus Kolonialismus und Imperialismus direkt hervorgegangene Weltunrechtsordung. Und doch: So passend der Slogan in vielerlei Hinsicht ist, er ist aus unterschiedlichsten, z.T. auch problematischen Gründen kritisiert worden. Die unserem Eindruck nach häufigste Kritik besagt, dass der Slogan die Vielzahl von Flucht- und Migrationsmotiven nicht angemessen widerspiegeln würde. Dies meint zum einen genderspezifische Flucht- und Migrationsmotive wie Zwangsverheiratung, Zwangsprostitution, sexuelle Gewalt, drohende Genitalverstümmlung, etc. Zum anderen ist das gemeint, was mit dem Schlagwort der 'Autonomie der Migration' addressiert wird: Denn die Rede der Autonomie meint ja gerade, dass Menschen nicht nur aus absoluten Zwangslagen migrieren, sondern auch aus relativer Selbstbestimmtheit. Und das heisst vor allem aus dem Bestreben, überhaupt bzw. mehr Geld zu verdienen, als es in ihren Herkunftsländern möglich ist, nicht selten deshalb, um zu Hause gebliebene Verwandte und FreundInnen finanziell unterstützen zu können. Und auch steckt in der Rede der 'Autonomie der Migration', dass viele MigrantInnen ursprünglich als ArbeitsmigrantInnen gekommen, nach und nach aber zu EinwanderInnen geworden sind. Die Kinder dieser EinwanderInnen leben mittlerweile in 2. und 3. Generation in Deutschland, auch sie unterliegen rassistischer Diskriminierung und Entrechtung - und das obwohl ihre Heimat Bremen, Hamburg oder Augsburg ist.

In der Veranstaltung werden Vertreterinnen von der Karawane und agisra köln über unterschiedliche Flucht- und Migrationsmotive berichten bzw. darüber, wie sie die einzelnen Flucht- und Migrationsmotive politisch aufeinander beziehen. Und auch soll diskutiert werden, in welchem Verhältnis die unter dem Karawane-Slogan geführten Kämpfe (samt politischer Bezugnahme auf die jeweiligen Herkunftsländer) zu den Kämpfen u.a. von Sex- und HausarbeiterInnen stehen, welche sich insbesondere um Arbeitsbedingungen, Entlohnung, Aufenthaltsrechte, etc. drehen. Schliesslich wird es - so wie in der ganzen Reihe - um antirassistische Bündnisfragen gehen, ob nun zwischen MigrantInnen, Flüchtlingen, schwarzen Deutschen, weissen Deutschen oder wem auch immer.

Montag, 27.01.2003
19:30 Uhr
Kommunikationszentrum Paradox, Bernhardstr. 12, Bremen
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Weiteres zum Thema

Papierlos in Europa
Kampf um Papiere, Legalisierung, Gesundheit

Veranstaltungsreihe im Herbst 2002

Neues Zuwanderungsgesetz – neue Abschiebelager?
Hearing zu „Ausreisezentren“ für Flüchtlinge im Kontext des Zuwanderungsgesetzes am 04.12.2002



| updated 2002-12-05 | Rubrik: programm.luxemburg-initiative.de |